Im Rahmen der Sondertarifrunde im Sozial- und Erziehungsdienst hat Organizi.ng im März 2015 in den Landkreisen Cuxhaven, Stade und Rotenburg alle Kindertagesstätten angerufen und den Leiterinnen der Einrichtungen einen Besuch des zuständigen ver.di-Sekretärs in der kommenden Team-Besprechung angeboten.
In der ersten Telefonier-Welle haben wir 98 Kindertagesstätten erreicht, von denen 61 einem Besuch zustimmten, darunter auch mehrere Teamleiterinnen, die nicht Mitglied der Gewerkschaft waren. Das Interesse war groß, weil bei der anstehenden Sondertarifrunde für alle Beschäftigten eine deutliche Lohnerhöhung möglich war.
Nach den Team-Besuchen hat ver.di als erste Aktivenbasis für die Mitglieder aus unterschiedlichen Einrichtungen drei Aktionsräte gegründet. Zweites Ziel der Telefon-Kampagne war dabei, aus möglichst vielen Einrichtungen Vertreterinnen zu den Aktionsrat-Treffen zu mobilisieren. „Zu den Aktionsräten in den drei Landkreisen sind überraschend viele Kolleginnen gekommen. Ich denke, daran hatte das Telefoncampaigning einen entscheidenden Anteil“, so Jörn Kroppach, zuständiger Sekretär im Fachbereich Gemeinden.
Nach den erfolgreichen Warnstreiks startete die zweite Telefonkampagne von Organizi.ng mit zwei Zielgruppen: a) Den Kindertagesstätten, die sich noch nicht an Streikaktionen beteiligt hatten und b) alle in den letzten sechs Monaten neu eingetretene ver.di-Mitglieder. In beiden Telefonaten ging es darum, in möglichst vielen Teams und Einrichtungen eine intensive Diskussion und im Idealfall einen Besuch der „Wanderurne“ während der Urabstimmung zu ermöglichen. Auf diese Weise wurden über 80 Prozent der Neumitglieder noch einmal persönlich für eine aktive Rolle in der Urabstimmung gewonnen.
„Eine volle Wahlurne und richtig viele Beitrittserklärungen“
„Kannst du dir vorstellen, jetzt in deinem Team in der Team-Besprechung das Gespräch zu suchen und dabei die Urne auf den Tisch zu stellen?“, war dabei die entscheidende Frage. Die Resonanz war beeindruckend: „Ich war wirklich überrascht, als die Wahlurnen zurückkamen“, so Jörn. „In einer ganzen Reihe von Einrichtungen, in denen wir bis jetzt nur wenige Mitglieder hatten, kamen neben einer vollen Wahlurne auch richtig viele ausgefüllte Beitrittserklärungen zurück.“
Beim Streik im Sozial- und Erziehungsdienst 2009 schlossen in den Landkreisen Cuxhaven, Stade und Rotenburg nur wenige Kindertagesstätten als Folge des Streiks, an dem sich nur sehr vereinzelt Beschäftigte beteiligt hatten. Jetzt verbucht ver.di hier einen Anstieg der Mitgliedschaft von ca. 150 auf heute 480 organisierte Kolleginnen. Mit diesem Wachstum (im ländlichen und bisher schwach organisierten Bereich) gehört der Bezirk Bremen-Nordniedersachsen inzwischen zu den Spitzenreitern bei der Mitgliedergewinnung. Und: In den größeren Gemeinden wurden im Rahmen der Sondertarifrunde im Sozial- und Erziehungsdienst fast alle kommunalen Kindertagesstätten durchgehend bestreikt.
„Natürlich wäre es noch besser gewesen, alle Einrichtungen persönlich zu besuchen“, bilanziert Jörn. „Aber das hätte ich mit meiner halben Stelle niemals geschafft. So konnten wir dank des Telefoncampaignings in kurzer Zeit in sehr vielen Einrichtungen einen beachtlichen Mobilisierungserfolg erzielen.“
In den Landkreisen in denen Organizi.ng die Telefonkampagnen gemacht hat gab es vorher 267 ver.di-Mitglieder im Sozial- und Erziehungsdienst. Im Rahmen der Tarifrunde traten 478 Kolleginnen ver.di bei, was einem Anstieg um 179 Prozent entspricht.
In den zwölf Monaten nach Streik und Tarifabschluss traten 37 Kolleginnen wieder aus ver.di aus und 30 neue ein. Damit hat der ver.di-Bezirk Bremen-Nordniedersachsen im Sozial- und Erziehungsdienst eine der besten Mitgliederentwicklungen in Deutschland erzielt, sicher nicht nur aber auch durch die kontinuierlichen Telefonkampagnen von Organizi.ng.
Foto: Jonas Priester